Nachruf auf Herbert Linge

 Er war einer der ersten Lehrlinge des Unternehmens Porsche, doubelte Steve McQueen im Film „Le Mans“ und fuhr einige wichtige Erfolge im Motorsport ein: „Herbert Linge ist aus der Geschichte von Porsche nicht wegzudenken“, kommentierte der Sportwagenhersteller in einer Mitteilung. Der frühere Kollege ist am 5. Januar 2024 im Alter von 95 Jahren gestorben.

Herbert Linge wurde am 11. Juni 1928 in Weissach geboren. Seinen ersten Betriebsausweis bei Porsche erhält er am 7. April 1943 als 14-Jähriger. Sechs Jahre später ist er der erste Mechaniker, den das Unternehmen Porsche nach der Rückkehr aus Gmünd in Stuttgart beschäftigt. Linge ist damals laut Porsche einer der wenigen Zeitzeugen, die Ferdinand Porsche noch persönlich kennengelernt haben.

Kollegen schätzten Linges Ruhe und Präzision

Herbert Linge war an der Entwicklung des ersten in Stuttgart konstruierten Porsche 356 beteiligt. „Jeder der frühen Sportwagen wird erst ausgeliefert, nachdem Linge ihn Probe gefahren hat“, erklärt der Autohersteller. Ab dem Jahr 1952 entsendet Porsche Linge häufiger zum Aufbau eines landesweiten Kundendienstnetzwerks in die USA.


Da in den Anfangsjahren des Sportwagenherstellers viele Mitarbeiter machen durften, was sie konnten, bewies sich Linge als Versuchsfahrer. „Die Rennfahrer und seine Kollegen schätzen ihn als begnadeten Techniker und Analyst ebenso wie als erfolgreichen Rennfahrer. Seine Beifahrer schwärmen von der Präzision, mit der Linge Sportwagen pilotiert“, blickt Porsche in der Mitteilung zurück. Kollegen und Wegbegleiter waren demnach begeistert von seiner Besonnenheit und davon, dass Linge nichts aus der Ruhe bringen konnte.

Rennerfolge für Porsche

Für drei Klassensiege in Folge erhielt Herbert Linge als mitfahrender Mechaniker der Panamericana 1952 bis 1954 den mexikanischen Verdienstorden. Als Co-Pilot von Hans Herrmann erreichte das Duo bei der Mille Miglia im Jahr 1954 einen Klassensieg. Heute nicht mehr vorstellbar, mussten sich Herrmann und Linge laut Porsche im 550 Spyder wegducken, um noch unter der schließenden Schranke eines Bahnübergangs durchzukommen.

Herbert Linge feierte bei der Mille Miglia noch weitere Klassensiege, außerdem bei der Targa Florio. Als Gesamtsieger beendet er 1954 die Rallye Lüttich-Rom-Lüttich, 1960 die Tour de Corse und 1967 den Marathon de la Route auf dem Nürburgring. Er startete elfmal bei den 24 Stunden von Le Mans, landete achtmal in der Wertung und mehrfach als Klassensieger in den Büchern.

Im Jahr 1965 gewannen Peter Nöcker und er in Le Mans zudem die Auszeichnung „Index of Performance“ für das kleinste Verhältnis von Kraftstoffkonsum zu Hubraum. Ebenfalls 1965 fuhr Linge gemeinsam mit dem späteren Porsche Rennleiter Peter Falk auf Platz fünf bei der Rallye Monte Carlo – laut Porsche der erste große Motorsporterfolg für den noch jungen Elfer.

Einsatz als Double für Steve McQueen

Im Jahr 1970 nahm Linge beim 24-Stunden-Rennen mit einem für die Dreharbeiten zu einem Kamerawagen umfunktionierten Porsche 908 teil. Nach dem Rennen doubelte er Steve McQueen in den Rennszenen zum Film „Le Mans“. „Porsche und McQueen hatten ein ausgesprochen gutes Verhältnis. Unser damaliger Rennleiter stand voll hinter dem Film und wir unterstützten McQueen, wo wir nur konnten“, erinnerte sich Linge einst. „Steve konnte aus Versicherungsgründen nicht selbst am echten Rennen teilnehmen und hatte auch kein Fahrzeug, das dem offiziellen Reglement entsprach. Doch er wollte für seinen Film die echten Bilder – und mit dem 908 besorgte ich sie ihm“, blickte Linge zurück.

Ausgezeichnet mit dem Bundesverdienstkreuz

Weil Herbert Linge die Sicherheit im Motorsport sehr am Herzen lag, gründete er im Jahr 1972 die „Sicherheitsstaffel der Obersten Nationalen Sportkommission für Automobilsport“, ONS. Die mobile Streckensicherung und die Ausstattung der Sportwagen mit Feuerlöschern retteten vielen Rennfahrern in den Siebziger- und Achtzigerjahren das Leben.

Zehn Jahre nach Erfindung der ONS bescherte ihm sein Engagement das Bundesverdienstkreuz für sein Lebenswerk. Linges erster ONS-Dienstwagen war ein Porsche 914/6 GT, der bereits 1971 bei der Rallye Monte Carlo fuhr. Das mit diversen Sicherheitssystemen und Feuerlöschanlage ausgestattete Fahrzeug etablierte sich laut Porsche als die „schnellste Feuerwehr der Welt“.

Herbert Linge (l.) und Ferdinand Porsche im Jahr 1949.
Herbert Linge (l.) und Ferdinand Porsche im Jahr 1949.
(Bild: Porsche)

Ab dem Jahr 1990 leitete Linge den Carrera Cup. Im Ruhestand war Herbert Linge von 1987 an weiter auf Rennstrecken zu finden. Er war als Motorsportberater und Manager des Carrera Cup und als Betriebsleiter im Entwicklungszentrum Weissach tätig. Herbert Linge ist Ehrenbürger von Weissach und begleitete laut Porsche „noch sehr lange Veranstaltungen, Messeauftritte und Festlichkeiten des Unternehmens. Viele Gäste lauschten gern seinen Anekdoten.“

Kommentare

rex-my-love hat gesagt…
Schön, dass er ein so hohes Alter erreichen durfte.
Helmut hat gesagt…
Dem Herbert bin ich auch schon begenet - vor ein paar Jahren. Da wurde er bei einer Veranstaltung befragt.

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